Endlich brauche ich mal keine Schweißausbrüche vor dem Gedanken zu haben, einen von der GEZ beauftragten Menschen vor der Tür in Empfang nehmen zu dürfen. Denn, mein Fernsehapparat befindet sich ja seit kurzem im Fernsehapparatehimmel. Dort tummelt er sich nun unter seinesgleichen und sie schalten sich gegenseitig nur die Programme ein, die sie mögen.
Meiner wird dort oben wahrscheinlich schwelgen und froh darüber sein, die gewohnte Regelmäßigkeit der Simpsons oder das Gerede von Harald Schmidt nicht länger senden zu müssen, womöglich noch unterbrochen von Filmen, die nicht einmal sein Besitzer verstand. Jetzt sitzt er da auf einer Wolke und zeigt nur Talkshows. Und schaltet von mir und meinen Sehgewohnheiten ab bis in alle Ewigkeit.
Ich für meinen Teil verweile hier unten und kann den GEZ-Menschen ruhigen Gewissens erwarten. Jetzt darf er gerne erscheinen, bislang traute er sich nie. Es gab zwar Situationen anderswo im Haus, als ich gerade nicht zugegen war, und einer dieser Gesellen verschaffte sich Einlass (was er ja eigentlich nicht dürfte).
Es ist auch nach wie vor eine der beliebtesten Anekdoten, wenn das Gespräch unter vier Augen stockt, man weiß nicht weiter und will irgend etwas sagen, dann ist neben dem Heizkörperableser der GEZ-Mensch immer ein gern gesehener Geselle für ein Stück mehr Redefluss und ein probater Anlass, seine Schlagfertigkeit unter Beweis zu stellen. Auch, wenn alles einfach nur frei erfunden ist. Es geht eben weiter und die Angebetete hängt an den Lippen des netten Typen.
Mir selbst darf er jetzt gerne erscheinen. Ich werde ihn sogar bei der Hand nehmen, auf meine Mattscheibe in meinem Zimmer weisen und sagen: „Sehet her, werter Herr, das dort war einmal ein funktionierender Fernseher, aber er ist tot, es ist sozusagen ein gewesenes Gerät. Dafür kann man mir wohl kaum einen unlauteren Medienkonsum unterstellen, geschweige denn, ein paar Taler einklagen.“
Seinen Hinweis darauf, dass das aber mal der Fall gewesen sein könnte, wird er sich aber dann schnell schenken, weil er dann bald bemerken würde, dass er dann mit zu vielen, nicht beweisbaren Möglichkeitsformen hantierte.
Ein früherer Mitbewohner von mir (anderes Haus, andere Stadt, andere Zeit) hat immer gerne von einer Begegnung mit der Gebühreneinzugsorganisation berichtet, die in etwa wie folgt ausgesehen haben muss:
[Ich wende ab nun die dramatische Gegenwart an, da sie sich – meiner Meinung nach – für den Effekt wesentlich besser eignet]
M., etwa Mitte zwanzig [damals], sitzt vor der Glotze und rezipiert unangestrengt in Ermangelung von Kabelfernsehen Dinge auf einem Öffentlich-Rechtlichen Sender. Es klingelt an der Wohnungstür, und er ist trotz des gestrigen (seeehr) langen Abends imstande, sich mithilfe eines Bademantels um den Körper bewaffnet durch den Flur dorthin aufzuraffen. Während im Hintergrund Richter Guido Neumann bei „Streit um Drei“ eloquent und lautstark urteilt, öffnet M. die Tür und erblickt einen nie zuvor gesehenen, bärtigen Mittvierziger, der ihm sogleich seine Identität unter die Nase reibt.
Unbekannter: Guten Tag. Häberle mein Name. Von der GEZ. Haben Sie zufällig ein Radio oder einen Fernseher anzumelden?
M.(kalt und ungeniert): Nein!
Häberle (blickt von seinem Notizblock auf in Richtung Flur): Und was ist das da hinten?
M. (blickt hinter sich, sein Gesichtszüge zeigen plötzliche völlige Überraschung): EIN FERNSEHER! WIE KOMMT DER DENN HIERHIN?
Aus der Erzählung weiß ich nicht nur, dass es im Folgenden ein groß’ Gelächter gab. M. musste daraufhin sehr viel Geld nachzahlen. Wie man ihm rückwirkend jahrelanges Fernsehen für lau nachweisen konnte, kann ich nicht sagen. Vermutlich hat er im Lachanfall ein Geständnis abgeliefert. Zutrauen würde ich es ihm.
Ich bin natürlich nicht darauf scharf, viel Geld zu bezahlen. Aber ein paar mehr Anekdoten könnte auch ich gebrauchen, irgendwann stößt auch meine Phantasie an seine Grenzen. Ich koche mal Kaffee. Vielleicht klingelt’s ja heute…